Polizeigeschichte

Geschichte des Kriminaldienstes bis 1960

Seit 1872 besteht in Österreich eine Kriminalbeamtenorganisation. Die ersten Ansätze einer "geheimen Polizei" gab es bereits im 16. Jahrhundert in Wien.

Im Spätmittelalter beschäftigten die Stadtrichter (Bürgermeister) Männer, um Verdächtige auszuforschen und festzunehmen. Der Wiener Stadtrichter hatte im 14. Jahrhundert "Diener", "Schergen" und "Gesind" als Helfer.

Das Sicherheitswesen war damals kaum organisiert, Polizeiordnungen regelten verschiedene Bereiche. In der Wiener Polizeiordnung vom 24. August 1542 wurde unter anderem verfügt, dass die Anwesenheit gefährlicher Fremder anzuzeigen und das "Überhalten" durch Wirte und Handwerker zu verhindern ist. Die ersten Ansätze einer "geheimen Polizei" gab es im 16. Jahrhundert: Der Wiener Stadtrat verfügte, dass Kriminelle durch besondere Aufseher und Kundschafter angezeigt werden.

Die seit 1646 bestehende "Rumorwache" war auch als "Geheimpolizei" tätig. Nach einem Protokoll aus dem Jahr 1713 verwendete die Rumorwache bei ihrer Tätigkeit auch "Verkleidung und Verstellung".

Maria Theresia reformierte das Polizeiwesen; ab 1751 gab es landesfürstliche "Viertelkommissäre" und 1743 wurden "Gassenkommissäre" mit ihren "Unterkommissären" aufgestellt. Wegen zahlreicher Beschwerden wurden die Unterkommissäre 1756 aufgelöst.

Josef II. setzte die Reformtätigkeit seiner Mutter Maria Theresia auf dem Gebiet des Polizeiwesens fort. Johann Anton Graf von Pergen, ab 27. Februar 1782 niederösterreichischer Regierungspräsident, wandte sich gegen den Plan des Kaisers, in Wien das Kreisamt und das Polizeiamt zusammenzulegen und erreichte, dass unabhängig vom Stadthauptmann ein Polizeidirektor eingerichtet wurde, der nur dem Landeschef unterstand. Erster Polizeidirektor wurde Regierungsrat Franz Beer. Aus dem "Polizeiamt" entstand die "Polizei-Oberdirektion". 1785 wurden in Prag, Brünn, Troppau, Linz und Innsbruck Polizeidirektionen errichtet.

Graf Pergen legte einen Schwerpunkt auf die Geheimpolizei bzw. Geheimdienst. In einem "Entwurf zur Verbesserung der allgemeinen Polizei und Sicherheit" vom 30. November 1782 schlug Polizeidirektor Beer vor, "neun Versorgungsdiener durch verlässliche und vertraute Individuen ohne Montur" zu ersetzen, die nicht "allein die Bettler, sondern hauptsächlich das Diebs- und anderes schädliches Gesinde" auszuforschen hatten.

Kaiser Leopold II. verfügte 1791, dass die Geheimberichte der Polizei-Oberdirektion an die Haus-, Hof- und Staatskanzlei zu richten seien. Pergen verlor seinen Einfluss auf den Geheimdienst der Polizei-Oberdirektion und trat "krankheitshalber" von seinem Posten zurück.

Am 1. November 1791 erschien "Die Einführung der neuen Polizeiverfassung in Wien". Kurz darauf wurden für die Landeshauptstädte Polizeiordnungen erlassen. In Wien gab es eine Polizei-Oberdirektion, der zwölf Polizeidirektionen unterstellt waren – vier in der Inneren Stadt und acht in den Vorstädten.

Ende 1791 wurde auf Antrag des niederösterreichischen Regierungspräsidenten eine Zivilpolizeiwache eingerichtet. Die Polizei-Oberdirektion gab eine "Instruktion für die Civil-Polizeiwache" heraus, sie wurde aber nicht verlautbart. Der Leitfaden war für die Polizei-Bezirksdirektionen zur Einführung neu aufgenommener Bediensteter gedacht. Nach der Instruktion wurden die "gewöhnlichen Verrichtungen" auf zwei Punkte beschränkt: "Erstens, der Ausübung von Verbrechen vorzubeugen, zweytens, nach vollbrachtem Verbrechen die Täter ausfindig zu machen."

Am 31. Dezember 1792 erhielt Graf Pergen von Kaiser Franz II. den Auftrag, die Polizei wieder so einzurichten, wie sie unter Josef II. war. Drei Tage später wurde die Polizei-Hofstelle errichtet und Pergen bemühte sich um die Wiederherstellung des Geheimdienstes.

Nach der Revolution in Frankreich wurde in Österreich die von Josef II. eingerichtete Staatssicherheitspolizei ausgebaut; dazu kamen Konfidenten ("Vertraute"), im Volksmund "Naderer" genannt. Die Konfidenten kamen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Seinen Höhepunkt erreichte das Konfidentenwesen während des Wiener Kongresses.

Der kriminalpolizeiliche Ausforschungsdienst war Aufgabe der Zivilpolizeiwache und der Polizeidiener. Letztere hatten noch viele andere Aufgaben, wie die Eintragung der Steckbriefe, Meldezettel und Beschreibungen, das Nachschlagen nach Adressen, die Aufrechterhaltung der Ordnung im Versatzamt und bei der Staatsschuldenkasse, Bettlerpatrouillen und Fiakerrevisionen sowie die Straßen-, Markt- und Börseaufsicht.

Während der Revolution 1848 hatten die Polizeidiener mehr zu leiden als die Militär- und die Zivilpolizeiwache. Das Volk betrachtete die Polizeidiener als Organe des verhassten Geheimdienstes. Das dürfte auch der Hauptgrund gewesen sein, dass man die Institution der Polizeidiener wieder auflöste. Im April 1848 stellte die Gemeinde Wien eine Munizipalgarde auf, sie wurde drei Jahre später wieder aufgelöst.

Ab 20. Juli 1848 wurde die Polizei-Oberdirektion "Stadthauptmannschaft" genannt und ab 24. Juli 1852 "Polizeidirektion".

Nach der Revolution 1848 gab es grundlegende Polizeireformen. 1849 wurde die Gendarmerie geschaffen; Feldmarschallleutnant Johann Kempen Freiherr von Fichtenstamm wurde der erste Generalinspektor der Gendarmerie, später Militärgouverneur von Wien und am 25. April 1852 Chef der gesamten österreichischen Polizeiverwaltung.

Zivilwache

Die im Jahr 1850 erlassenen Grundsätze für die Organisation der Polizeibehörden sahen vor, dass jeder Stadthauptmannschaft eine Zivilwache beigegeben wird; der Dienst erfolgte in Zivilkleidern; die Männer hatten eine "Plaque zur Legitimation". Die Aufstellung der Zivilwache erfolgte erst zwei Jahre später durch einen Erlass des Ministeriums des Inneren vom 20. April 1852. "Der Wachmann hat zu seiner Legitimation bei Amtshandlungen, wo er dem Publicum als ein öffentliches Dienstorgan entgegentritt, den k. k. Adler und seine Legitimationskarte bei sich zu tragen, um je nach Umständen entweder den Adler auf seine Brust aufzustecken, oder sich mit der Legitimationskarte auszuweisen", hieß es in der Instruktion für die Zivilwachebediensteten.

Im August 1859 wurde Kempen in den Ruhestand gedrängt und die Oberste Polizeibehörde in ein Polizeiministerium umgewandelt. Leiter des Ministeriums wurde Alexander Freiherr von Hübner. Aus Kostengründen wurden die landesfürstlichen Polizeibehörden aufgelöst, mit Ausnahme der Polizeidirektion Wien und einigen Grenzpolizeiexposituren in Oberösterreich und Salzburg.

Hausdurchsuchungen und Festnahmen, die bisher von der Polizei aufgrund von Instruktionen vorgenommen worden waren, erhielten nach der Revolution eine gesetzliche Grundlage. 1862 trat das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit in Kraft, ebenso das Gesetz zum Schutze des Hausrechtes; 1867 folgte das Gesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger und 1870 das Gesetz zum Schutze des Brief- und Schriftengeheimnisses.

"Institut der k. k. Polizeiagenten"

Die Militärpolizeiwache machte sich durch ihr Verhalten bei den Bewohnern unbeliebt; der Wiener Gemeinderat beschloss daher 1866 die Aufstellung einer 2.000 Mann starken kommunalen Stadtwache. Da die Stimmung gegen die Militärpolizeiwache zunahm, erhielten zwei Wiener Polizeibeamte, Polizeidirektor Josef Strobach und Polizeikommissär August Rauscher, im Jahr 1867 den Auftrag, in Paris, wo damals die Weltausstellung stattfand, das Polizeiwesen zu studieren. Als Ergebnis der Reise wurde nach dem Muster der französischen "Sergeants de ville" mit kaiserlicher Entschließung vom 2. Februar 1869 die Wiener Sicherheitswache eingerichtet.

Geplant war auch die Schaffung eines Detektivinstituts, ähnlich den französischen "Agents de police". Im Jänner 1871 erließ das Ministerium des Inneren ein Organisationsstatut und im März 1872 nahm das "Institut der k. k. Polizeiagenten in Wien" die Arbeit auf. Hauptaufgabe war die Unterstützung der Polizeidirektion, "um dieselbe in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und in der Handhabung der hierauf bezüglichen Gesetze und Verordnungen zu unterstützen; insbesondere die Entdeckung von Gesetzesverletzungen und ihrer Urheber und Genossen auf dem Wege der Ausforschung mitzuwirken (Indagation und Detektion), endlich die Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung sowie die bestehenden Übelstände wahrzunehmen und die gemachten Wahrnehmungen der Polizeibehörde behufs der zu treffenden Abhilfe zur Kenntnis zu bringen." (§ 1 Organisationsstatut).

Die Tätigkeit des Instituts war zentralisiert, "um für gewisse polizeiliche Zweige besonders qualifizierte Organe in Bereitschaft zu haben und deren systematische Schulung vornehmen zu können. Auch sind die durch die Zeitverhältnisse und Dienstesanforderungen hervorgerufenen Schwierigkeiten im Indagations- und Detektivdienste nur durch ein allgemeines Zusammenwirken zu überwinden", hieß es im Polizeidirektionserlass.

Zu den Hauptaufgaben der k. k. Polizeiagenten gehörten "die Überwachung aller jener Personen und Sachen, welche im Interesse der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit eine Vorkehrung oder ein Einschreiten der Polizeibehörde erheischen; die Entdeckung bereits begangener oder versuchter strafbarer Handlungen, die Ausforschung und Ergreifung der Täter und deren Genossen sowie die Auffindung des widerrechtlich entzogenen Gutes und der Beweismittel."

Wer Polizeiagent werden wollte, musste zwischen 24 und 40 Jahren alt, "vollkommen gesund" und mit den Lokalverhältnissen vertraut sein sowie einen "in jeder Richtung unbescholtenen Lebenswandel" aufweisen. Dazu kam die "vollkommende Kenntnis der deutschen Sprache, des Lesens und Schreibens in derselben, und zwar letzteres in dem Masse, dass der Aufzunehmende schriftliche Meldungen abzufassen fähig sei; endlich die Kenntnis der Elemente des Rechnens".

Viele k. k. Polizeiagenten kamen von der Zivilwache und von der Gendarmerie, deren Angehörige bei der Aufnahme bevorzugt wurden, von der aufgelösten Militärpolizeiwache und von der Armee.

Die k. k. Polizeiagenten konnten bei "erkannter Untunlichkeit ihrer Weiterverwendung in diesem Institut" zur Sicherheitswache versetzt werden. Ihren Rang behielten sie bei.

Die Polizeiagenten erhielten eine Legitimationskarte und eine Kokarde mit dem Adler. Es gab Inspektoren und Polizeiagenten jeweils I. und II. Klasse. Geleitet wurde das Institut von einem Oberinspektor; es bestanden zehn Brigaden mit je zehn Polizeiagenten, die "immer im Dienst waren", aber die zur Erholung notwendige freie Zeit in Anspruch nehmen konnten. Leichte Verfehlungen zogen "Erinnerungen" und "Weisungen" mit sich; bei "Dienstwidrigkeiten" wurden Disziplinarstrafen verhängt (Rüge, schriftlicher Verweis, Gehaltsabzug, Versetzung in eine geringer Gehaltsstufe, Entlassung). Die Agenten galten im Gegensatz zu den Bediensteten der Zivilpolizeiwache als Staatsdiener.

Festgenommene wurden von den Agenten dem Sicherheitsbüro überstellt, das den Fall bearbeitete oder an das zuständige Polizeikommissariat abgab. 1875 wurden versuchsweise 50 Polizeiagenten für den "Indagationsdienst" den Kommissariaten zugewiesen, wo hauptsächlich Zivilpolizeiwachleute Dienst versahen.

Beim Polizeiagenteninstitut gab es kriminalpolizeilich wichtige Fahndungsbehelfe und eine Reihe von Protokollen, etwa über Spitz- und Falschnamen, Vorbestrafte, Häftlinge und Vermisste.

Einer der "Väter" des Polizeiagenteninstituts war Polizeidirektor Anton Ritter von Le Monnier. Er sorgte für die Herausgabe des Zentralpolizeiblatts, die Sektionseinteilung der Polizeidirektion Wien, die Errichtung des Polizeitelegraphen und die Führung eines Verbrecheralbums, der späteren Lichtbildersammlung.

1891 gab es beim Polizeiagenteninstitut 26 Inspektoren und 384 Agenten. Ein neues Organisationsstatut verpflichtete die Agenten neben dem Informations-, Überwachungs- und Ausforschungsdienst auch zur Unterstützung der Hilfsämter der Polizeibehörde "im Telegraphen- und Meldungswesen, dann im Manipulations- und Ordonnanzdienste". Das Institut bestand nun aus zwei Abteilungen ("Exekutiver Dienst" und "Interner Dienst") mit mehreren Gruppen. Das Statut regelte auch die Bewaffnung und den Waffengebrauch. Dienstwaffen waren Revolver und bei Bedarf Schlagringe.

"Nichtuniformierter Zivilwachkörper"

Das Organisationsstatut der Polizeiagenten wurde im Jahr 1914 erneuert und galt "für alle dermalen bestehenden und künftig zur Aufstellung gelangenden Polizeiagentenkorps". Nach § 1 war das Institut der Polizeiagenten "ein nichtuniformierter Zivilwachkörper, der die Behörden in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ferner in der Handhabung der bestehenden Gesetze und Verordnungen durch Versehung des Exekutivdienstes und sonstiger in diesem Statute festgesetzten Hilfsdienste zu unterstützen hat". Aufnahmebedingungen waren die österreichische Staatsbürgerschaft, ein Alter zwischen 23 und 35 Jahren, vollkommene Gesundheit und körperliche Eignung, ausreichende Sprachkenntnisse und "ein in jeder Richtung unbescholtenes und ehrenhaftes Vorleben, entsprechende geistige Fähigkeiten und gewandtes Benehmen".

Die wichtigsten Pflichten waren unbedingte Amtsverschwiegenheit, strenge Unparteilichkeit, Unbestechlichkeit sowie Wahrheits- und Gerechtigkeitsliebe.

Der Informations-, Erhebungs-, Überwachungs- und Ausforschungsdienst war nicht an bestimmte Zeiten gebunden, die Polizeiagenten mussten auch während der dienstfreien Zeit erreichbar sein.

Das Korps bestand aus Beamten und der Mannschaft (Polizeiagenten I. und II. Klasse, Rayonsinspektoren I. und II. Klasse). Das Statut regelte auch die Anerkennung besonderer Leistungen: mündliche Belobigung, Belobigung mittels Dekretes, Geldbelohnung und außerordentliche Ernennung.

Kriminalbeamtenkorps

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Polizeiagentenkorps durch das Polizeidienstgesetz vom 30. Oktober 1919 neu geordnet. Die Agenten waren nicht mehr "Diener" bzw. "Unterbeamte", sondern "Staatsbeamte" bestimmter Rangklassen. Durch einen Erlass des Staatssekretärs für Inneres vom 26. November 1919 wurde die Bezeichnung "Polizeiagent" in "Kriminalbeamter" geändert. Das Polizeiagentenkorps erhielt die Bezeichnung "Kriminalbeamtenkorps".

Polizeipräsident Hans Schober veranlasste im Dezember 1919 eine Reform des Kriminaldienstes mit dem Zweck, "die Kriminalbeamten ausschließlich zur Versehung des Exekutivdienstes zu verwenden und ihnen alle Manipulations- und Hilfsdienste abzunehmen, welche durch andere Organe besorgt werden können". Dadurch sollte "eine intensivere Versehung des Außendienstes und insbesondere eine energischere Bekämpfung des Verbrechertums ermöglicht werden".

Die Reform trat am 1. Jänner 1920 in Kraft. Die Kriminalbeamten auf den Wiener Kommissariaten wurden in vier Gruppen eingeteilt; je nach Größe und Einwohnerzahl drei bis sechs Beamte pro Gruppe. Eine Gruppe versah den Hauptdienst (Journaldienst), die zweite Gruppe den "Beidienst" und die beiden anderen Gruppen Bereitschafts-, Inspektions- und Ermittlungsdienste. Die Hauptdienstgruppe stellte auch die für den Nachtdienst erforderlichen Kriminalbeamten. Dem Hauptdienst folgte der Beidienst, danach der Bereitschaftsdienst. Die Hälfte der jeweils letzten Gruppe hatte abwechselnd dienstfrei. Ein Kriminalbeamter, meist der Ranghöchste, war mit der Dienstführung betraut. Außerhalb des Gruppendienstes gab es in den Kommissariaten Kriminalbeamte für die Manipulation und für Prostitutionsangelegenheiten.

Die Kriminalbeamten erhielten eine "Verwendungszulage" anstatt der bisherigen Indagationszulagen und der Gebühren für außerordentliche Dienstleistungen.

Das 1921 in Kraft getretene Besoldungsgesetz sah für die Bundesangestellten 19 Besoldungsgruppen vor; für die Kriminalbeamten galten die Besoldungsgruppen 8 bis 14.

Ein Erlass des Bundesministeriums für Inneres und Unterricht vom 26. August 1922 regelte die Aufnahmebedingungen für das Kriminalbeamtenkorps: Die Bewerber mussten in der Regel mindestens drei Jahre bei der Bundes-Sicherheitswache oder Gendarmerie Dienst versehen, keine Disziplinarstrafe wegen Pflichtverletzung oder Trunkenheit erlitten, den einjährigen Fachkurs für Kriminalbeamte besucht und die Fachprüfung mit mindestens gutem Erfolg bestanden haben.

Für die "leitenden Beamten" der Wiener Polizei gab es eine eigene Dienstordnung. Sie unterstanden dem Amtsvorstand. Für die Ausbildung zum leitenden Kriminalbeamten gab es ab 1936 den einjährigen "Höheren Fachkurs für den Kriminaldienst". Bewerber mussten neben der vollen körperlichen Eignung eine "mittlere Lehranstalt" erfolgreich absolviert haben, mindestens vier Dienstjahre als eingeteilter Kriminalbeamter und mindestens zwei Dienstjahre als Charge im Kriminaldienst aufweisen und die Aufnahmsprüfung mit mindestens gutem Erfolg abgelegt haben. Darüber hinaus war eine über den Durchschnitt hinausgehende Verwendbarkeit auf kriminal- oder staatspolizeilichem Gebiet, erprobte Verlässlichkeit und eine sehr gute Gesamtbeurteilung notwendig.

Zweite Republik

Die Wiedererrichtung des Kriminaldienstes nach Ende des Zweiten Weltkriegs gestaltete sich schwierig. Mitte Mai 1945 richtete die sowjetische Kommandantur den "Polizeilichen Hilfsdienst" ein, mit 7.200 Bediensteten. Er unterstand dem sowjetischen Stadtkommandanten Generalleutnant Blagodatow und sollte unter anderem Plünderungen und Vergewaltigungen unterbinden und Nazis verhaften, die als "belastet" eingestuft wurden. Im Mai 1945 bestanden in Wien neben dem Polizeilichen Hilfsdienst zwei weitere unter kommunistischer Leitung stehende Polizeiorganisationen: die Wiener Staatspolizei unter Dr. Heinrich Dürmayer und das österreichische Freiheitsbataillon im Polizeidienst. Mit Erlass des Staatsamtes für Inneres vom 9. Juni 1945 wurde die Tätigkeit des Polizeilichen Hilfsdienstes eingestellt; vier Tage später übernahm die Bundespolizeidirektion Wien den gesamten polizeilichen Dienst in der Bundeshauptstadt.

Die Wiener Polizei war damals ein "Tummelplatz für die Kommunisten", wie Oskar Helmer, Innenminister von 1945 bis 1959, in seiner Biografie "50 Jahre erlebte Geschichte" anmerkte: "Das von den Kommunisten aufgezogene Spitzelsystem sorgte dafür, dass ihnen nichts verborgen blieb." Die Besatzungsmächte ließen sich über alles informieren. Ihre Anordnungen reichten vom Verbot der Luftdruckgewehre bis zur Vorlage von Inventurverzeichnissen der Polizei- und Gendarmeriedienststellen. Jede beabsichtigte Stellenbesetzung, Versetzung und Abkommandierung von Exekutivbeamten musste vorher den Alliierten zur Genehmigung vorgelegt werden. Verhaftungen durften ohne Zustimmung der Kommandantur nicht vorgenommen werden."

Laut Helmer verhaftete die Staatspolizei unter Dürmayer "nach Belieben, sie führte Haudurchsuchungen ohne gerichtliche Bewilligung durch, nahm 'Verhöre' vor, beschlagnahmte Lebensmittel und andere Waren und errichtete Anhaltelager, in denen nicht nur Nationalsozialisten, sondern viele andere den Kommunisten missliebige Personen durch Wochen und Monate gefangen gehalten oder gar – was noch schlimmer war – an die Besatzungsmacht als 'Faschisten' ausgeliefert wurden."

Im September 1947 versetzte Helmer Dürmayer zur Polizeidirektion Salzburg und ernannte den Branddirektor von Wien, Josef Holaubek, zum Polizeipräsidenten. Die kommunistisch unterwanderte Wiener Staatspolizei wurde vom Deutschmeisterplatz in das Polizeipräsidium verlegt, Dr. Oswald Peterlunger wurde neuer Chef der Staatspolizei. Helmer und Holaubek entfernten nach und nach viele Kommunisten aus der Polizei.

Im Jahr 1949 gab es den ersten höheren Fachkurs für leitende Kriminalbeamte nach dem Ende der NS-Zeit. Für die Zulassung waren unter anderem die erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung erforderlich und ein Alter zwischen 35 und 55 Jahren.

Eine Dienstanweisung des Bundesministeriums für Inneres vom März 1951 bestimmte, dass Bewerber für den Kriminaldienst ausnahmslos mindestens vier Jahre und nicht mehr als acht Jahre (ohne Ausbildungszeit) bei der Sicherheitswache oder Bundesgendarmerie Dienst zu versehen hatten und nicht älter als 36 Jahre alt sein durften. Nach der Aufnahmsprüfung, die mit mindestens gutem Erfolg abgelegt werden musste, gab es eine Probezeit von neun Monaten und eine sechsmonatige theoretische Schulung. Am Ende der Probezeit legten die Bewerber eine schriftliche und mündliche Eignungsprüfung ab.

Kriminalbeamtinnen

Frauen für kriminalpolizeiliche Tätigkeiten gab es bereits vor 1938. Es handelte sich um "Polizei-Fürsorgerinnen". Nach Ende der nationalsozialistischen Ära wurde diese Einrichtung im Jahr 1945 wieder eingeführt und fünf Jahre später aufgehoben. Mit Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 3. Februar 1950 wurden statt der Fürsorgerinnen "weibliche Kriminalbeamte" angestellt. Laut Erlass war die fachliche Ausbildung der Kriminalbeamtinnen – abgesehen von der Absolvierung einer Fürsorgerinnenschule – die gleiche wie die der Männer. Die erste leitende Kriminalbeamtin bei der Wiener Polizei war Anna Vogl, die auch das Jus-Studium absolvierte.

Die Aufgaben der Kriminalbeamtinnen waren beschränkt auf Amtshandlungen gegen Mädchen unter 18 Jahren und Kinder, auf die Einleitung von Fürsorgemaßnahmen und in Ausnahmefällen auf Amtshandlungen gegen Erwachsene. Bewerberinnen mussten zwischen 23 und 32 Jahren alt, mindestens 165 Zentimeter groß und ledig sein und eine zweijährige Fürsorgerinnenschule absolviert haben.

Quellen:

  • Archiv der Bundespolizeidirektion Wien.
  • Bibl, Viktor: Die Wiener Polizei, 1927.
  • Bundesministerium für Inneres: 100 Jahre Kriminalbeamtenkorps in Österreich, 1952.
  • Dehmal, Heinrich: Der österreichische Bundes-Kriminalbeamte, 1933.
  • Helmer, Oskar: 50 Jahre erlebte Geschichte. Wien o. J.
  • Oberhummer, Hermann: Die Wiener Polizei. 200 Jahre Sicherheit in Österreich, 1937.
  • Wetz, Ulrike: Geschichte der Wiener Polizeidirektion vom Jahre 1945 bis zum Jahre 1955. Mit Berücksichtigung der Zeit vor 1945. Phil. Diss. Wien 1971.

Text: © Werner Sabitzer