Aktion „16 Tage gegen Gewalt“

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© UN Women Austria

Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen umfassen die Zeit zwischen dem 25. November – dem internationalen Gedenktag für alle Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt wurden – und dem 10. Dezember – dem internationalen Tag der Menschenrechte. Dieser Aktionszeitraum wird weltweit genutzt, um das Ausmaß und die verschiedenen Ausprägungen von Gewalt gegen Frauen zu thematisieren und Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen als Menschenrechtsverletzung nachhaltige Folgen hat.

Gewalt passiert meist dort, wo man sich sicher und geborgen fühlen sollte – in den eigenen vier Wänden. Diese hat viele Gesichter und stellt sich in verschiedene Formen dar, unter anderem durch körperliche, sexualisierte, psychische, ökonomische, aber auch strukturelle Gewalt. Sehr oft zeigt sich, dass verschiedene Gewaltformen gemeinsam auftreten. Wir trafen Mag. Martina Zimmermann, welche in der sicherheitspolizeilichen Fallkonferenz (S-FK) federführend Hochrisikofälle bearbeitet, um mit ihr über diese sensible Thematik zu sprechen.

Vorab – Hochrisikofall – ein für mit dieser Thematik nicht befasster Leser ein eher abstrakter Begriff. Wie lässt sich dieser näher definieren?

Ein Hochrisikofall liegt – stark vereinfacht formuliert – vor, wenn konkrete Tatsachen dafürsprechen, dass von einer bestimmten Person eine besondere Gefahr für andere ausgeht. Auch wenn in solchen Fällen zumeist bereits ein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt wurde, gibt es oft weitere Hinweise darauf, dass die Gefahr der Gewaltanwendung gegen die gefährdete Person noch nicht vorüber ist, weil zum Beispiel der Gefährder im Internet Drohungen ausspricht oder das BV/AV von ihm wiederholt missachtet wird. Es steht also die Befürchtung im Raum, dass es zu einer Gewalteskalation kommen könnte und dass andere in den Fall involvierte Behörden und Institutionen noch keine Kenntnis über die hinzugekommenen Gefahrenmomente haben. Der Sinn und Zweck der S-FK besteht also gerade darin, einen möglichst raschen Informationsaustausch und ein koordiniertes Vorgehen der eingeladenen Organisationen und Behörden sicherzustellen, damit es zu keiner erneuten Gewalttat gegen das Opfer kommt.

Wie arbeitet die sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz und welches Ziel verfolgt diese Einrichtung?

Die Leiterin/der Leiter stellt allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern den Anlassfall vor. Dann werden die Anwesenden aufgefordert, ihre fachspezifischen Informationen und ihre Lösungsvorschläge einzubringen. In der darauffolgenden Diskussion werden Zuständigkeiten besprochen und Koordinierungsmaßnahmen erarbeitet. Es ist ein Protokoll anzufertigen, in welchem neben den bisher gesetzten Maßnahmen, den erarbeiteten zusätzlichen Aufgaben, Terminen und vereinbarten Prozessen auch abweichende Ansichten zu dokumentieren sind. Im Weiteren hat die Sicherheitsbehörde betreffend die Umsetzung der besprochenen Maßnahmen, die in ihren eigenen Zuständigkeitsbereich fallen, ein Ergebnisprotokoll zu erstellen.

Gewalt an Frauen und Mädchen – was bedeutet diese Thematik generell für Sie und welche Folgen hat diese für die gesamte Gesellschaft?

Wir befinden uns in einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels und des Umbruches. Teils werden Errungenschaften der Emanzipation augenzwinkernd belächelt und "Tradwifes" leben vor, wie schön das Dasein als treusorgende und klassische Hausfrau ist. Das man sich damit aber in wirtschaftliche Abhängigkeit begibt bemerken Frauen erst dann, wenn es in der Beziehung anfängt zu kriseln, weil Suchtproblematiken, Arbeitslosigkeit oder psychische Erkrankungen auftreten. Schleichend steigert sich die Gewaltspirale und die Betroffenen fürchten sich davor, Hilfe zu suchen.

Was bedeutet es für den Täter, wenn ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wird? Welche rechtlichen Konsequenzen zieht dies nach sich und was muss überhaupt passieren, dass ein solches ausgesprochen wird?

Für den Gefährder bedeutet dies, dass er die Wohnung für 14 Tage unverzüglich zu verlassen hat, dass ihm die Wohnungsschlüssel abgenommen werden und dass er binnen 5 Tagen mit der Beratungsstelle für Gewaltprävention (BfG) selbstständig Kontakt aufzunehmen hat.
Für den Ausspruch eines BV/AV ist wesentlich, dass es sich um einen Fall von Gewalt in der Privatsphäre handelt, und anzunehmen ist, dass es zu einer erneuten Gefährdung kommen wird. Dies wird von den Beamten vor Ort entschieden, wobei sie sowohl dem Gefährder als auch dem Opfer die Möglichkeit geben müssen sich zur Sachlage zu äußern.

Warum scheuen sich Opfer oftmals, Hilfe zu holen und warum mangelt es diesem Bereich offenbar an der sogenannten "Zivilcourage", wenn man als Dritter von solchen Vorfällen erfährt?

Meine Vermutung ist, dass sich Opfer zum einen schämen und dass es zum anderen oft auch wirtschaftliche Abhängigkeiten sind, die sie daran hindern, die Beziehung zum Täter zu beenden, vor allem wenn jemand kein oder nur ein geringes Einkommen hat und sich aus Eigenem nicht einmal eine Wohnung leisten kann.
Kampagnen mit dem Slogan "Man(n) schaut nicht weg!" oder "Es ist dein Leben!" halte ich für wichtig und sinnvoll. Sie schaffen ein Bewusstsein für häusliche Gewalt, rütteln auf und erhöhen die Sensibilität, nicht nur bei Außenstehenden, sondern auch bei den Betroffenen selbst. Abgesehen davon passiert die Gewalt ja gerade in der Privatsphäre, also in einem geschützten Bereich, in dem sich dritte Personen nicht befinden. Erst wenn Betroffene den Mut finden, sich um Hilfe an Außenstehende zu wenden, erst dann kann Zivilcourage eingefordert werden.

Abschließend: wenn man sich beruflich mit dieser Thematik beschäftigt, wie verschafft man sich nach Dienstschluss einen Abstand davon?

Ich bin seit mehr als 30 Jahren bei der Polizei und habe immer darauf geachtet, eine professionelle Distanz zu wahren. Beim Abschalten hilft mir sportliche Betätigung und Bewegung an der frischen Luft am meisten.


Artikel Nr: 453283
vom Dienstag,  25.November 2025,  10:41 Uhr.

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