Am 1. Juli 2005 wurde in Österreich mit der Reform „Polizei neu“ ein neues Kapitel in der Geschichte der inneren Sicherheit aufgeschlagen. Die bis dahin getrennten Exekutivorganisationen wurden unter einem Dach vereint – ein Schritt, der nicht nur organisatorisch tiefgreifend war, sondern auch ein klares Bekenntnis zu einer modernen, bürgernahen und effizienten Sicherheitsbehörde darstellte. 20 Jahre später ist es Zeit für eine Bilanz.
Historischer Hintergrund: Vom Gendarmerie- und Polizeiwesen zur Einheitsorganisation
Bis 2005 bestand das österreichische Exekutivsystem im Wesentlichen aus drei Säulen:
1. Bundesgendarmerie: zuständig für das ländliche Gebiet,
2. Bundessicherheitswachekorps (Polizei): vorwiegend in Städten aktiv,
3. Kriminalbeamtenkorps: für die kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit.
Diese Trennung führte teils zu Doppelgleisigkeiten, unterschiedlicher Ausbildung und fragmentierten Zuständigkeiten. Mit der Reform "Polizei neu" wurden diese Organisationen zusammengeführt und das einheitliche Berufsbild "Polizistin oder Polizist" geschaffen. Seither gibt es in Österreich eine einheitliche Bundespolizei, die flächendeckend für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung zuständig ist.
Die Reform 2005: "Polizei neu" als organisatorischer Meilenstein
Die Reform basierte auf einem umfassenden Gesetzespaket und wurde unter der Führung der damaligen Innenministerin Liese Prokop initiiert. Sie verfolgte folgende Kernziele:
- Einheitliche Ausbildung für alle Exekutivbediensteten
- Zusammenführung von Diensten und Dienststellen
- Verwaltungsvereinfachung und Effizienzsteigerung
- Stärkere Bürgerorientierung durch besser erreichbare Polizeiinspektionen
- Technologische Modernisierung (z.B. Einführung von ELKOS)
Mit der Schaffung der neun Landespolizeidirektionen im Jahr 2012 wurde die Behördenstruktur nochmals optimiert. Die bis dahin eigenständigen Sicherheitsdirektionen und Landespolizeikommanden wurden verschmolzen – ein weiterer Schritt in Richtung einer schlanken und effektiven Verwaltung.
Wesentliche Entwicklungen seit 2005
Seit der Reform wurden zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Polizei an die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft anzupassen:
o Digitalisierung & Technik
Einführung des Einsatzleitsystems ELKOS
Mobile Endgeräte (Smartphones, Tablets) für Streifen
Ausbau der Videoüberwachung in kritischen Infrastrukturen
o Internationalisierung
Beteiligung an EU-Missionen und internationalen Polizeikooperationen (z.B. FRONTEX)
Grenzschutz im Rahmen des Schengen-Raumes
o Krisenmanagement
Professionalisierung in der Terrorabwehr (u.a. nach dem Anschlag 2020 in Wien)
Pandemieeinsätze (COVID-19)
Katastrophenschutz und Unterstützung bei Großschadenslagen
o Ausbildung und Personal
Neustrukturierung der Polizeischulen
Verstärkte Rekrutierung und Diversitätsförderung
o Stärkung der Inneren Sicherheit
o Gründung der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) 2021
o Modernisierung der Kriminalitätsbekämpfung mit Fokus auf Cybercrime: Errichtung des ersten CCTC (Cyber Crime Training Center) in Linz
Polizei heute: Vertrauen, Verantwortung, Vielfalt
Die heutige Bundespolizei ist nicht nur sichtbarer, sondern auch vielfältiger und moderner als je zuvor. Neben der klassischen Sicherheitsarbeit liegt der Fokus zunehmend auf Dialog, Deeskalation und Prävention. Die Polizei versteht sich als Dienerin des Rechtsstaats – mit der Bevölkerung, nicht gegen sie. Auch gesellschaftlich spiegelt sich der Wandel wider: Der Frauenanteil bei der Exekutive steigt – in OÖ lag dieser im Jahr 2023 bei 26,52 Prozent (Personal gesamt 4.429 entnommen aus dem Geschäftsbericht der LPD OÖ 2023).
Die Vielfalt der Polizeibediensteten wird als Chance für interkulturelle Kompetenz gesehen und neue Themen wie psychische Gesundheit von Polizistinnen und Polizisten und Work-Life-Balance sind fixer Bestandteil der Personalpolitik geworden.
Ausblick: Polizei der Zukunft
Die nächsten Jahre bringen neue Herausforderungen – von künstlicher Intelligenz in der Ermittlungsarbeit bis hin zu klimabedingten Einsatzlagen. Die Grundidee von 2005 – eine flexible, leistungsfähige, bürgernahe Polizei – bleibt dabei das Fundament. Die Frage ist nicht mehr, ob die Polizei sich verändern muss, sondern wie sie Veränderung aktiv gestaltet.
Fazit: 20 Jahre Polizei neu – mehr als eine Strukturreform
Was 2005 mit organisatorischem Mut begann, hat sich über zwei Jahrzehnte als tragfähiges Modell bewiesen ist der Landespolizeidirektor Andreas Pilsl überzeugt: "Die "Polizei neu" ist heute ein Garant für Sicherheit, Stabilität und Verlässlichkeit in einer dynamischen Gesellschaft. Das Jubiläum ist deshalb nicht nur Anlass zur Rückschau, sondern auch ein Auftrag, den eingeschlagenen Weg entschlossen weiterzugehen", so Pilsl.