Polizeigeschichte

Die Geschichte der Bundespolizeidirektionen

Am 1. September 2012 ist die Polizeibehörden-Reform in Kraft getreten. Die Bundespolizeidirektionen, Sicherheitsdirektionen und Landespolizeikommanden wurden zu je einer Landespolizeidirektion pro Bundesland zusammengeführt. Damit endete die 230-jährige Geschichte der Polizeidirektionen in Österreich.

Die erste Polizeidirektion in Österreich wurde 1782 in Wien eingerichtet, der Behördenleiter führte die Funktionsbezeichnung "Polizeidirektor", später "Polizeioberdirektor" und ab Juli 1873 "Polizeipräsident". In den Jahren 1785 und 1786 wurden auch in den wichtigsten Provinzhauptstädten der Monarchie Polizeidirektionen eingerichtet, unter anderem in Graz, Linz und Innsbruck. Die Polizeidirektion Wien erhielt daraufhin die Bezeichnung "Polizei-Oberdirektion" und fungierte als koordinierende Zentralstelle. In Klagenfurt gab es ab 1793 eine Polizeidirektion und in Salzburg eine ab 1806.

Auflösung von Polizeidirektionen

Am 1. April 1866 wurden die meisten Polizeidirektionen aufgelöst, darunter die Behörden in Linz, Salzburg, Graz, Innsbruck und Klagenfurt, sodass auf dem Gebiet des heutigen Österreichs nur mehr die k. k. Polizeidirektion in Wien bestehen blieb. Die ortspolizeilichen Angelegenheiten wurden an die Magistrate der Städte übertragen, die für diese Aufgaben städtische Polizeiämter und Sicherheitswachen einrichteten.

Im Jahr 1876 wurde in Graz wieder eine Polizeidirektion eingerichtet. Auslöser waren schwere Ausschreitungen nach der Ankunft des umstrittenen spanischen Thronanwärters Don Alfonso Carlo de Borbón y Austria Este in Graz. Don Alfonso hatte aus Spanien flüchten müssen und Graz zu seinem Exil gewählt. Die Krawalle erreichten im April 1875 einen Höhepunkt. Der Kaiser traute den städtischen Sicherheitswachleuten nicht zu, die Sicherheit zu gewährleisten und ließ deshalb im Jahr darauf wieder eine Polizeidirektion installieren, allerdings mit eingeschränktem Wirkungskreis: Bei der Polizeidirektion wurden neben der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit das Staatspolizeiwesen, die Versammlungsangelegenheiten und das Passwesen gebündelt. Die städtische Sicherheitswache in Graz blieb bestehen.

Weitere Polizeidirektionen in der westlichen Reichshälfte bestanden in den wichtigen Städten Triest, Prag, Brünn, Lemberg und Krakau. Bis zum Ende der Monarchie 1918 gab es im heutigen Österreich nur in Wien und in Graz Polizeidirektionen.

Zwischenkriegszeit

Nach der Errichtung der Ersten Republik wurde überlegt, die Polizei in den Landeshauptstädten mit eigenen Wachkörpern wieder dem Bund zuzuordnen. Das Staatsamt des Innern richtetete einen entsprechenden Erlass vom 28. Februar 1919, Zahl 7594, an die Landesregierungen und an den Finanzminister. Das Vorhaben wurde aber nicht umgesetzt. Nur in Graz gab es eine Änderung: Der eingeschränkte sachliche Wirkungskreis der Polizeidirektion wurde mit 1. August 1919 zu einem vollen. Am 22. Februar 1922 wandte sich Bundeskanzler Johann Schober (die inneren Angelegenheiten waren damals dem Bundeskanzleramt zugeordnet) mit dem gleichen Anliegen an die Länder. Die erste Stadt, in der nun eine Bundespolizeidirektion errichtet wurde, war Salzburg mit 1. Juli 1922. Die Bundespolizeidirektion Linz wurde mit 1. April 1927 eingerichtet.

In Eisenstadt wurde am 25. November 1924 ein Bundespolizeikommissariat errichtet und am 10. März 1933 eines in Innsbruck, das mit 1. Jänner 1936 zur Bundespolizeidirektion aufgewertet wurde. Weitere Kommissariate entstanden in Klagenfurt (1929), in Steyr (1. Juli 1930), Wels (1. Juli 1931), Villach (1. September 1931), Wiener Neustadt (1936; hier bestand ab Februar 1918 ein Polizeikommissariat, das dem Statthalter unterstellt war) und in St. Pölten – knapp zwei Wochen vor dem NS-Anschluss am 1. März 1938. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten im März 1938 wurde das Sicherheitswesen in der "Ostmark" umgestaltet und dem Deutschen Reich angepasst.

Zweite Republik

Nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes wurde mit dem Behördenüberleitungsgesetz 1945 wieder die behördliche Struktur eingesetzt, wie sie vor der NS-Machtübernahme im März 1938 bestanden hatte.

Neue Bundespolizeibehörden kamen im Lauf der Jahre hinzu – im Jahr 1948 das Bezirkspolizeikommissariat Leoben und – nach der Ausgliederung aus Groß-Wien – das BPK Schwechat. Das BPK Villach wurde 1948 wiedererrichtet; seit 1938 war es als Polizeiamt der Polizeidirektion Klagenfurt unterstellt. Ab 1955 gab es in Eisenstadt wieder ein Bundespolizeikommissariat, das 1961 in eine Bundespolizeidirektion umgewandelt wurde.

Auch in Mödling in Niederösterreich bestand ein Bundespolizeikommissariat, allerdings nicht lange: Es wurde mit Verordnung der Bundesregierung vom 26. Oktober 1954 über Verlangen einer Besatzungsmacht eingerichtet und nach der Staatsvertragsunterzeichnung mit Verordnung vom 25. Oktober 1955 wieder aufgelöst.

BPD statt BPK

Mit Jahresbeginn 1971 gab es eine – zumindenst nominelle – "Aufwertung" der Bundespolizeikommissariate. Die Bezeichnung wurde mit Verordnung der Bundesregierung vom 7. Dezember 1976, BGBl. Nr. 690 in "Bundespolizeidirektion" geändert. Die Neuregelung trat am 1. Jänner 1977 in Kraft. Somit gab es in Österreich 14 Bundespolizeidirektionen – in den damals sieben Landeshauptstädten außer Bregenz (St. Pölten wurde erst 1986 zur Hauptstadt erhoben) sowie die sieben ehemaligen Bundespolizeikommissariate in St. Pölten, Wiener Neustadt und Schwechat (Niederösterreich), Steyr und Wels (Oberösterreich), Leoben (Steiermark) und Villach (Kärnten). Beim örtlichen und sachlichen Wirkungsbereich gab es keine Änderungen.

Organisationsstruktur

Seit einer Novellierung der Bundesverfassung war die rechtliche Grundlage der Einrichtung der Bundespolizeidirektionen Artikel 78c des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) sowie die von der Bundesregierung erlassene Verordnung über die Bundespolizeidirektionen.

Bis zum Inkrafttreten der Polizeireform mit 1. Juli 2005 gliederte sich eine Bundespolizeidirektion (außer Wien) als Sicherheitsbehörde erster Instanz in vier Abteilungen:

  • Präsidialabteilung,
  • Kriminalpolizeiliche Abteilung,
  • Verwaltungspolizeiliche Abteilung und
  • Abteilung für Sonstige Sicherheitsverwaltung.

Bei der BPD Wien kam die Sicherheits- und Verkehrspolizeiliche Abteilung sowie das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung dazu, das in den anderen Bundesländern der Sicherheitsdirektion unterstellt war.

Dem Behördenleiter unterstanden auch das Zentralinspektorat (in Wien: Generalinspektorat) der Sicherheitswache und das Kriminalbeamteninspektorat (in Wien ab 2002 Kriminalamt mit drei Kriminaldirektionen).

Nach der Polizeireform 2005, mit der Sicherheitswache, Kriminaldienst, Bundesgendarmerie und Teile der ehemaligen Zollwache zum neuen, den Landespolizeikommanden (LPK) unterstellten Wachkörper "Bundespolizei" zusammengeführt wurden, gab es in den BPDs nur mehr zwei Abteilungen:

  • Sicherheits- und Kriminalpolizeiliche Abteilung und
  • Verwaltungspolizeiliche Abteilung.

Der örtliche Wirkungsbereich einer BPD erstreckte sich auf das Gebiet der jeweiligen Stadtgemeinde. Es gab zwei Besonderheiten: Die BPD Eisenstadt war auch für das Gebiet der Freistadt Rust zuständig und die BPD Schwechat auch für die außerhalb der Stadtgemeinde Schwechat liegenden Teile des Flughafens Wien-Schwechat.

Der Leiter der BPD hatte die Funktionsbezeichnung "Polizeidirektor", in Wien "Polizeipräsident". Die BPD Wien war gleichzeitig Sicherheitsdirektion.

Auflösung der Bundespolizeidirektionen

Die Geschichte der Bundespolizeidirektionen in Österreich endete mit der Neuorganisation der Sicherheitsbehörden, die am 1. September 2012 in Kraft getreten ist. Die Bundespolizeidirektion(en), die Sicherheitsdirektion und das Landespolizeikommando in jedem Bundesland wurden in eine neue, einheitliche Sicherheitsbehörde, die Landespolizeidirektion, zusammengeführt.

Quellen:

  • Bundespolizeidirektion Graz: Die Grazer Polizei. 40 Jahre Bundespolizeidirektion – 175 Jahre staatliche Sicherheitsbehörde, Verlag Styria, Graz, Wien, Köln, 1958.
  • Bundespressedienst (Hg.): Österreichisches Jahrbuch 1955.
  • Jäger, Friedrich: Genesis der Errichtungen von Bundespolizeibehörden in der Ersten Republik. In: Öffentliche Sicherheit, 48. Jg., Nr. 8/1983, S. 10-13.
  • Oberhummer, Hermann: Die Wiener Polizei, 200 Jahre Sicherheit in Österreich, Wien, 1938.

Text: © Werner Sabitzer



Grafik Polizei Recruting

Alle Informationen zur Neuaufnahme befinden sich unter www.polizeikarriere.gv.at .